Eine Geschichte von zwei Einzelhändlern: Wie Enterprise-Marktplätze Resilienz und Flexibilität bei Markteinbrüchen sichern
Nach jedem Quartal geben börsennotierte Unternehmen jeglicher Form und Größe ihre Finanzzahlen bekannt – und liefern der Öffentlichkeit damit einen Lagebericht über ihre jeweilige Branche. Einzelhandel und E-Commerce bilden da keine Ausnahme. Wer sich Zeit für ihre Analyse nimmt, kann aus Finanzberichten spannende Erkenntnisse zu Trends gewinnen, die das Verhalten von Unternehmen und Kunden beeinflussen. Die jüngsten Finanzberichte gewähren interessante Einblicke, welchen Herausforderungen führende Einzelhändler gegenüberstehen und wie sie diese zu umgehen oder abzumildern versuchen. In mancherlei Hinsicht sind diese Berichte eine moderne Version von Charles Dickens‘ Eine Geschichte aus zwei Städten: Während agile Unternehmen mitunter eine echte Hochzeit erleben, hat der eine oder andere Einzelhandelsriese schwer zu kämpfen.
Was aber entscheidet darüber, wer letztlich auf der Gewinner- oder Verliererseite steht? Große Einzelhändler wie Walmart und Target schrauben ihre Gewinnprognosen zurück, da der Marktabschwung sie unvorbereitet getroffen hat. Gewinner wie Maisons du Monde aus Frankreich hingegen nutzen die Agilität des Enterprise-Marktplatzes, um ihr Wachstum anzukurbeln.
Harte Zeiten durch Inflation und stockende Lieferketten
In den vergangenen zwei Jahren wurde der Einzelhandel unberechenbarer als je zuvor. Dennoch hielten einige Marken an der Hoffnung fest, dass sich die Probleme bei Lieferketten und Bestandsmanagement am Ende der letztjährigen Weihnachtssaison von selbst beheben würden. Wie aber die Finanzberichte und jüngsten Maßnahmen von Walmart und Target zeigen, bleiben diese Hürden leider bis auf Weiteres bestehen.
Da Verbraucher insgesamt beginnen zu sparen, bleiben Megastores auf Unmengen unverkaufter Bestände sitzen und haben dem außer Preissenkungen nur wenig entgegenzusetzen. „Die steigende Inflation bei den Lebensmittel- und Benzinpreisen hat Einfluss auf das Kaufverhalten der Kunden. Obwohl wir bei Hardline-Kategorien bereits gut abverkauft haben, müssen wir bei Walmart U. S. die Preise im Bekleidungssegment nochmals senken“, erklärte Walmart-CEO Doug McMillon zur Anpassung der Prognosen für das zweite Quartal.
Gleichzeitig lassen steigende Waren- und Frachtkosten das Betriebsergebnis schrumpfen und erhöhen den Margendruck. Laut Targets Finanzbericht zum zweiten Quartal fiel der Wert seiner Bruttomarge um neun Prozentpunkte. Können Einzelhändler der Doppelbelastung durch Lieferkettenprobleme und Inflation nicht Herr werden, geraten sie und damit ihre Bilanz in einen Teufelskreis:
Reduzierte Preise auf Überbestände senken die Gewinnspanne bei jedem Artikel und Verkauf.
Durch den allgemeinen Rückgang der Kaufkraft sind weniger Verbraucher an hochpreisigen Artikeln mit großer Gewinnspanne interessiert.
Die Inflation mit ihren weitläufigen Auswirkungen führt dazu, dass auch die Einzelhändler höhere Betriebs- und Logistikkosten hinnehmen müssen.
Macht sich der Inflationsdruck bei Einzelhändlern wie Walmart bemerkbar, reagieren sie meist mit Preiserhöhungen und wälzen die Kosten auf besserverdienende Kunden ab. Für Citi-Analyst Paul Lejeuz befinden sich Einzelhändler jedoch in einer besonders schwierigen Lage, da auch „Kunden mit etwas höherem Einkommen die Inflation zu spüren bekommen“.
Walmart und Target werden letztlich einen Weg aus der Lieferkettenmisere finden – aber ihnen steht ein langer, unangenehmer (und kostenintensiver) Prozess bevor.
Das Marktplatzmodell als agile Alternative
In seinem Ergebnis für Q1 2022 zieht Maisons du Monde eine ganz andere Bilanz. Obwohl der französische Einzelhändler für Möbel und Wohnaccessoires mit denselben Marktkräften wie Walmart und Target konfrontiert war – und teilweise aufgrund der stärkeren Inflation in Europa sogar noch höhere Betriebskosten zu stemmen hatte –, verzeichnete das Unternehmen eine bemerkenswerte Performance und scheint ungebrochen im Aufschwung. Der Treiber hinter dieser Erfolgsgeschichte: der Marktplatz von Maisons du Monde mit 400 Verkäufern, 1.100 Marken und über 150.000 Produkten.
In der ersten Jahreshälfte 2022 stieg das Brutto-Warenvolumen (GMV) des Marktplatzes im Jahresvergleich um 60 % auf 49 Mio. Euro. Die Plattform spielt eine wichtige Rolle für die E-Commerce-Strategie von Maisons du Monde und generierte im zweiten Quartal 2022 in Frankreich 40 % des Online-GMV. Das Unternehmen befindet sich sogar auf Expansionskurs und verzeichnet mit seinem spanischen Marktplatz, der vor gerade einmal drei Monaten an den Start ging, heute 31 % des gesamten Online-GMV.
Statt überfüllter Lager und stockender Lieferketten bietet das Marktplatzmodell genau die Art von Agilität, die für den Erfolg in unberechenbaren Märkten erforderlich ist. Mit seinem Marktplatz muss Maisons du Monde nicht Hunderttausende Produkte vorrätig halten, sondern überträgt Lagerung und Versand auf Hunderte Verkäufer und senkt so Kosten und Risiken. Darüber hinaus kann der Einzelhändler dank des erweiterten Sortiments schnell auf neue Verbrauchertrends reagieren und über zuverlässige Dritthändler von Einrichtung bis Wohndeko eine kuratierte Auswahl beliebter Artikel anbieten.
Flexibilität für das New Normal
Im schnelllebigen, instabilen E-Commerce-Umfeld ist Flexibilität Gold wert: Je besser Einzelhändler Produktangebote anpassen, Lieferkettenrisiken umlegen und Kosten reduzieren können, desto leichter überstehen sie auch Markteinbrüche. Innovative Einzelhändler wie Maisons du Monde beweisen, dass Enterprise-Marktplätze die sowohl in Bullen- als auch Bärenmärkten nötige Agilität und Flexibilität sichern. Je schneller Einzelhändler ihre Risiken auf ein Netz aus Drittanbietern verteilen, desto schneller können alle Beteiligten neue Produktlinien ausprobieren und grenzenloses Wachstum generieren.